Montag, 26. März 2012

19.01.2011 - Amberg - Club Habanna - Meister der Herzen (8)

 Slam Nummer 8 – Amberg

Wieder ganz knapp den Zug bekommen.
Nicht, dass das jetzt zum Standard wird,
irgendwann könnte es ja doch mal schief gehen!
Die Anreise zu meinem ersten Slam außerhalb Frankens dauert einige Stunden.
Ich fahre mit dem Zug über Erlangen, wo ich Turnkey Facility, den Slammer mit dem zweifellos bisher strangesten Namen, abhole und wir zusammen reisen.
Viele Fragen hab ich an ihn, wir reden über Künstlernamen, über andere Slammer, über den Diss vom letzten Slam, über Slammer-Paare, Fahrtgeld und und und. Das 1x1 des Slams, ich hab so viele Fragen! Zug fahren mit einem anderen Slammer, der auskunftswillig ist zu 100 verschiedenen Themen, ist echt notwendig für jemanden wie mich, der informationshungrig ist, aber online und in Foren noch keine passenden Antworten gefunden hat!
Lets Go also!

In Amberg angekommen wundere ich mich zuerst einmal über die doch etwas krassere Location. Eine alte Scheune wurde umgebaut zur krassen Szene-Bar. Auf der einen Seite ein einfacher Vorhang, auf der anderen Seite mehrere Kuba-Fahnen, hier dann die Bühne, dort eine Bar – in der Mitte gemütliche Sofas und ein paar Tische. Wenn nicht wirklich Salsa-Musik im Hintergrund gelaufen wäre, könnte es einem ungemütlich vorkommen. Doch so, die Atmosphäre passt! Krasse Location. Aus ner halb zerfallenen Scheune echt ne richtig schöne Location gemacht, in der ich auch nach dem Slam noch gern geblieben wäre.

Da 2 Slammer leider nicht aufgetaucht sind, gehen heute lediglich 5 Slammer auf die Bühne. Ein scheinbar schon über 15 Jahre slammender Organisator der deutschen Meisterschaften gilt sofort als Favorit. Aber ok. Wir haben gestern gesehen, dass das Unmögliche doch manchmal möglich ist – also warum nicht dafür kämpfen?
Ich unterhalte mich aber lieber erstmal über Nervösität. Die anderen sind es nämlich alle kein bisschen mehr. Und ich schon. Na schöner Mist. Ich erzähle, dass mir es beim Slam im Forchheim teilweise schwerer fiel, stehen zu bleiben als den Text auswendig vorzutragen. Meine Waden zittern wie blöd, wenn ich auf der Bühne bin und ich versuche mit Gleichgewichtsverlagerung auf den hintersten Teil der Füße dieser Sache entgegen zu wirken. Und es klappt, ein wenig – aber es fordert Aufmerksamkeit, die ich doch eigentlich in den Vortrag investieren muss. 2 Slammer lachen mich aus. Naja. Ihr seid plöd :P ;)

Die Moderatorin präsentiert erstmal einen eigenen Text, in Englisch und somit leider nicht für jeden sehr gut zu verstehen. Englisch ist zwar eine Weltsprache, aber englische Pointen zu kapieren ist halt doch nicht das Einfachste der Welt. Definitiv etwas Spezielles. Alleinstellungsmerkmal gesichert!

Erste Runde also. Es wird gelost.
Slammer Nummer 1, der Star. Wie erwartet ne Bombe. Zwar nicht inhaltlich, aber eben mit solchen Bewegungskünsten, Wortspielen, Knallern, wie man es von Beiträgen, die bei einem nationalen Slam bestehen könnten, erwartet. Er bestätigt seine Favoritenrolle.
Anschließend der bisher älteste Slammer, den ich kennen lernen durfte. Sicher 60 Jahre alt, eine lustige Geschichte über den Streit um die Fernbedienung. Hatte was, einige Lacher – aber im Vergleich mit dem Vorgänger doch etwas ganz anderes.
Dann der Bayreuther, der mit kürzeren Gedichten, nachdenklich und trotzdem auch witzig, hatte was!
So. Ich. Auf die Bühne! Vortrag klappt wieder richtig gut, die Leute sind aufmerksam und fühlen mit. Großer Applaus. Jup, hat geklappt! Schön :)

Danach noch Turnkey selbst, der mit seinem „Maschinenbauer“ die Lachmuskeln noch einmal strapaziert!
Gut, alle 5 durch. Es sollte nun ein Halbfinale, dann ein Finale folgen.
Also kommen 3 weiter. Da hätte ich ne Chance. Oder?
Abstimmung auf der Bühne. Applaus für alle, allerdings ist nicht wirklich ne Tendenz rauszuhören. Der Favorit kommt als erster eindeutig weiter, danach erst dann mit Abstand kommt Turnkey, dann ich weiter. Na gut. Platz 3 also.

Pause.
Und jetzt fighten ums Finale!
Es wird wieder gelost – und das Los fällt auf mich: Ich fang an.
Im Zug hab ich mich noch rückversichert, dass man auch als Slammer auf der Bühne so etwas wie eine „Rolle“ einnimmt – und bringe deswegen den Text vom Vortag.
Vollkommen frei, der Text bleibt lediglich in meiner Hand und wird beim Gestikulieren genutzt.
Die anderen beiden Slammer legen sich noch mal voll rein, legen noch eins drauf, überziehen beide und handeln sich dabei zwar bei der Moderatorin Ärger, beim Publikum aber aufgrund der Dreistheit Symphatien ein.
Abstimmung: Eindeutig kommen die anderen Zwei weiter!
Tja. Ich bin also Platz 3! Aber hey. Bronze! Yeah!
Wenn man mir vor 2 Tagen gesagt hätte, dass ich aufs Siegertreppchen in Amberg komme, hätte ich mich definitiv gefreut!

Finale also ohne mich. Schade eigentlich!
Doch eine Chance hätte ich nicht gehabt, wenn ich realistisch bleib.
Das, was die da auf der Bühne aufführen – ne, soweit bin ich einfach noch nicht.
Beide patzen zwar mehrere Male im Text, machens dennoch so professionell wieder wett, dass es im Endeffekt wirkt, als wäre gar kein Maleur passiert.
Der Favorit gewinnt wie erwartet, ich finde allerdings "meinen" Mitstreiter besser. Noja. Subjektiv eben.

Gold gestern, heute Bronze. Ist doch bombig!
Doch noch wichtiger war mal wieder ein persönlicher Kommentar, den ich noch abbekommen hab: Ich sei ihr „Meister der Herzen“, werfen mir 2 Mädels entgegen, als ich an ihnen vorbei laufe. Ich hoff, sie denken nicht, dass ich jetzt Schalke-Fan bin. Ich glaub, egal, welchen Platz man macht bei nem Slam: Wenn man nicht mindestens 1 Kommentar wie dieses am Abend hat, dann war man nicht mit dem Herz auf der Bühne.
Aber vielleicht täusch ich mich ja auch, ich lass mich belehren.
Und dann hat das eine Mädel meine Kapuze gerade gerückt, weil ichs allein nicht geschafft hab. Was auch immer, ich weiß nicht mal, wann eine Kapuze bitte krumm sein kann! Aber es war ganz schön! Ob ich beim nächsten Mal wieder dabei wäre? Hm. Nun ja, so einer Frage kann man wohl schwer widerstehen. Natürlich! (Im Nachhinein: Nö, geht nicht. Hmpf!)

Blöderweise wird’s dann zum ersten Mal so richtig eng nach dem Slam mit dem Heimkommen. Binnen 12 Minuten legen wir im Schleuderwaschgang einen Weg zurück, den wir ein paar Stunden zuvor gemütlich in fast 1 Stunde gelaufen sind. Meine Kondition hab ich also noch nicht ganz verloren – auch wenn wir beide am Ende ziemlich schnaufend bei der Bahn angekommen sind, 1 Minute vor GEPLANTER Abfahrt. Die 5 Minuten Verspätung hatten wir natürlich nicht miteingerechnet. War ja klar.

Nachts um 1 komm ich wieder in Bamberg an.
Heute und gestern waren insgesamt 2 wirklich gute Tage.
Lass uns schlafen gehen :)

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