Samstag, 19. April 2014

Emma denkt


I like who i am, when i am around you

Wir sind, wie wir sind. Und dennoch sind wir nie nur eine einzige Person. Wenn ich einen Passanten auf der Strasse nach dem Weg frage, bin ich nicht dieselbe Emma, wie wenn ich mich bei meiner Mutter über meinen miesen Tag ausheule. Und wenn ich berufliche Anweisungen von meinem Chef entgegennehme, bin ich ebenso nicht dieselbe, wie wenn ich mit Freunden in einer Bar sitze und frei von der Leber weg aus meinem Leben erzähle.

Ich finde es faszinierend, wie wir in unserem Alltag für gewöhnlich mühelos von einer Rolle zur anderen springen und wie sich unsere Persönlichkeit in unzählige schillernde Nuancen und Schattierungen aufzusplittern vermag – je nach Art der Beziehung, in der wir zu unserem jeweiligen Gegenüber stehen. Manchmal frage ich mich, wie es uns trotz dieser kleinen, aber andauernden charakterlichen Metamorphosen dennoch gelingt, uns als kohärent in sich geschlossene Persönlichkeit wahrzunehmen.

Denn, wann bin ich überhaupt ich selbst? Wenn ich mit meiner Familie in vertrautem Umfeld am Küchentisch beim Abendessen sitze? Wenn ich mit einer guten Freundin bei Kaffee und Kuchen stundenlang über Gott und die Welt tratsche? Wenn ich mit jemandem streite und so sauer bin, dass ich mich aufführe, wie eine Gift und Galle speiende Furie? Oder bin ich in erster Linie ich selbst, wenn ich alleine bin und über das Leben nachdenke, bloss ich und ich und niemand sonst?

Nun, vermutlich bin ich in jeder einzelnen dieser Situationen stets ich selbst, was verdeutlicht, wie vielfältig und komplex die menschliche Persönlichkeit doch ist. Dennoch muss ich zugeben, ich bin durchaus nicht immer gleich zufrieden, je nachdem welche Nuancen meiner Persönlichkeit in einer bestimmten Situation überwiegen. Und so kommt es vermutlich auch, dass ich die Gegenwart gewisser Menschen gegenüber derer anderer bevorzuge. Ich empfinde es so, als ob es Personen gibt, die jene Facetten meiner Persönlichkeit hervorbringen, die mich selbst gut, ausgeglichen und zufrieden fühlen lassen, während bei anderen eher das Gegenteil der Fall ist.

Vielleicht, so habe ich mir überlegt, liegt das Geheimnis entsprechend gar nicht darin, sich mit Menschen zu umgeben, die man als gut, lustig, geistreich, freundlich, integer, ehrlich, respektvoll, vertrauenswürdig oder was auch immer empfindet. Sondern, dass man vielmehr die Nähe derer sucht, die es vermögen, all die oben genannten Tugenden und Charakterzüge in einem selbst zu wecken – in deren Gegenwart ich mich also als eine Person fühle, mit der ich mich selbst gerne umgeben würde.

Ich glaube, viel mehr kann man von sich selbst und anderen nicht erwarten. Und auch wenn eben diese Art zwischenmenschlicher Beziehungen sehr wahrscheinlich nicht an jeder beliebigen Strassenecke auf einen wartet, bin ich mir sicher, dass es sich lohnt, sich ein wenig in Geduld zu üben, statt sich mit jenen zufrieden zu geben, die – wenn man ehrlich zu sich selber ist – überwiegend weniger gute Seiten des eigenen Ich’s zutage fördern.

Denn so abgedroschen Phrasen wie »in deiner Gegenwart werde ich zu einem besseren Menschen« auch klingen mögen - wenn wir ehrlich sind, ist das doch etwas vom Schönsten, was wir füreinander tun oder sein können.


(https://www.facebook.com/emmadenkt)

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